Kandidaten, Stärken und Schwächen
Bamberg. Am 8. März 2026 wählen die Bamberger einen neuen Oberbürgermeister. Amtsinhaber Andreas Starke (SPD) tritt nach 20 Jahren im Amt nicht mehr an. Sein Rückzug eröffnet ein spannendes Rennen um seine Nachfolge. Mehrere Parteien und Gruppen haben bereits bestätigte oder potenzielle Kandidaten in Stellung gebracht – von erfahrenen Polit-Profis bis zu lokalen Newcomern. Nachfolgend ein Überblick über die bisherigen Bewerber und ihre Aussichten.
Das Kandidatenfeld im Überblick
Melanie Huml (CSU) – Die prominente Rückkehrerin: Die 50-jährige Landtagsabgeordnete und ehemalige Staatsministerin hat im August 2025 ihre OB-Kandidatur mit den Worten „Ja, ich will, weil Bamberg meine Heimat ist“ angekündigt und wurde am Freitag von den Mitgliedern der CSU-Bamberg eindrucksvoll nominiert. Stärken: Huml verfügt über umfangreiche politische Erfahrung und ein starkes Netzwerk aus ihrer Zeit in der Staatsregierung. Als gebürtige Bambergerin und langjährige Stimmenkönigin im Stimmkreis bringt sie Bekanntheit, Führungsqualitäten und Verwaltungs-Know-how mit.
Sie hat bereits den Slogan „In Ordnung bringen – Zusammenbringen – Voranbringen“ ausgegeben, was auf Aufbruch und effektivere Stadtverwaltung abzielt. Sie will ein bürgerliches Lager bilden, um die bisherige Rathausmehrheit abzulösen. Schwächen: Die größte Herausforderung für Melanie Huml ist die andauernde Zerstrittenheit innerhalb der CSU-Fraktion.
Nach ihrem Ausscheiden aus dem Kabinett Söder kehrt sie auf die kommunale Ebene zurück. Sie muss beweisen, dass sie die lokalen Alltagsprobleme (von Schlagloch-Straßen über marode Schulen bis Wohnraum) ebenso anpacken kann wie Landespolitik. Intern gilt ihre Nominierung jedoch als großer Trumpf der CSU, die damit erstmals seit zwei Jahrzehnten wieder das Rathaus erobern will. Bei einer von der CSU finanzierten Umfrage, lag Melanie Huml als Kandidatin zur OB-Wahl deutlich vorne.
Jonas Glüsenkamp (Grüne) – Der grüne Herausforderer in Wartestellung: Der Zweite BürgermeisterJonas Glüsenkamp wird allgemein als wahrscheinlicher Kandidat der Grünen gehandelt – offiziell erklärt hat er seine Kandidatur jedoch noch nicht.
Bereits 2020 trat Glüsenkamp als frischer, parteilos-grüner Kandidat an und schaffte es überraschend in die Stichwahl gegen Starke. Stärken: Glüsenkamp ist jung und dennoch erfahren: Als Umwelt- und Sozialreferent der Stadtverwaltung hat er sich profilieren können. Er steht für eine ökologisch und bürgernah geprägte Politik und könnte im traditionell rot-grün geprägten Bamberg viele Wechselwähler mobilisieren.
Bayernweit hoffen die Grünen, dass Bamberg 2026 – nach Würzburg – die zweite bayerische Großstadt mit grünem Rathauschef wird. Schwächen: Noch zögert Glüsenkamp mit der offiziellen Ankündigung – dieser Spagat birgt Unklarheit bei den Wählern. Sein Zögern könnte als Entscheidungsschwäche und mangelnde Motivation wahrgenommen werden.
Nachdem die Grünen bei der letzten Wahl 2020 den politischen Zeitgeist auf ihrer Seite hatten (Fridays für Future), sind die Wahlergebnisse und Umfragewerte nun bundesweit im freien Fall, was sich auch auf Bamberg auswirken könnte. Zudem könnten sich SPD und Grüne gegenseitig Stimmen in einer ähnlichen Zielgruppe wegnehmen. Im Falle einer Stichwahl muss Glüsenkamp deshalb auch konservative Wähler überzeugen – eine Herausforderung in einem polarisierten Feld.
Jan Schiffers (AfD) – Der Rechtsaußen-Kandidat: Auch die AfD kann sich vorstellen einen OB-Kandidaten ins Rennen zu schicken. Jan Schiffers, AfD-Stadtrat in Bamberg, gilt als wahrscheinliche Option. Stärken: Als Vertreter der derzeit bundesweit erstarkenden AfD könnte Schiffers Protestwähler und Unzufriedene ansprechen. Er betont Law-and-Order-Themen und Kritik an etablierten „Altparteien“ – etwa im Streit um das Ankerzentrum Bamberg trat er offensiv auf. Bei den letzten Wahlen hat die AfD in Bamberg-Stadt immer zwischen 15% bis 20% erreicht, was auf eine vergleichsweise stabile Wählergruppe hinweisen könnte. Schwächen: In der weltoffenen Universitätsstadt Bamberg hat die AfD traditionell einen schweren Stand. Realistisch geht es für die AfD vor allem darum, im ersten Wahlgang einen Achtungserfolg zu erzielen – Chancen auf den OB-Sessel hat Schiffers kaum, könnte aber entscheidende Prozentpunkte kosten, die anderen im ersten Wahlgang fehlen.
Sebastian Niedermaier (SPD) – Der junge Sozialdemokrat mit Lokal-Erfahrung: Der 37-jährige Stadtrat wurde im April zum OB-Kandidaten der SPD nominiert. Niedermaier, von Beruf Biogärtner, sitzt seit 2014 im Stadtrat und gilt als Verfechter nachhaltiger Stadtentwicklung und umweltpolitischer Themen. Stärken: Als echtes „Bamberger Gewächs“ konnte er in den letzten Jahren erste Erfahrungen mit der Stadtpolitik sammeln und bringt frischen Wind einer neuen Generation mit.
Der junge Sozialdemokrat gilt als sympathisch und präsentiert sich in den sozialen Netzwerken mit lokalen Politikern und Themen. Sebastian Niedermaier war über viele Jahre Stellvertreter der SPD Fraktionsvorsitzenden Heinz Kuntke und Klaus Stieringer und konnte dabei kommunalpolitische Erfahrungen sammeln. Schwächen: Bislang hat sich SPD Politiker im Stadtrat wenig eingebracht und gilt bei Wirtschafts- und Finanzthemen als eher unauffällig.
Im Gegensatz zu anderen Bewerbern hat er kein Netzwerk nach München, um direkte Unterstützung aus der Landeshauptstadt zu erhalten. Er muss aus dem Schatten seines prominenten Vorgängers treten und das Vertrauen über die SPD-Stammwählerschaft hinaus gewinnen.
Hans-Günter Brünker (Volt) – Der Quereinsteiger mit Europafokus: Die junge Partei Volt schickt den promovierten Chemiker Hans-Günter Brünker ins Rennen. Stärken: Brünker verkörpert einen europaorientierten, progressiven Politikansatz. Als politischer Newcomer ohne Altlasten könnte er gerade jüngere, urbane Wähler ansprechen, die weder mit SPD/Grünen noch mit der CSU vollständig zufrieden sind. Volt betont Themen wie Digitalisierung, Bürgerbeteiligung und Klimaschutz aus pro-europäischer Sicht. Schwächen: Volt ist in Bamberg eine Kleinstpartei; Brünker ist bislang kaum bekannt. Seine Erfolgsaussichten sind gering – realistisch geht es um das Sammeln von zusätzlichen Stimmen, um einen weiteren Stadtratssitz zu gewinnen und um das Platzieren von Volt-Themen in der Diskussion. Im OB-Rennen dürfte er vor allem Stimmen aus dem linken Lager abziehen, was wiederum Einfluss auf eine mögliche Stichwahl haben kann.
Jürgen Weichlein (Bambergs Mitte) – Der unabhängige Unternehmer: Bambergs Mitte (BM), eine unabhängige Wählergruppe, hat Mitte Oktober Jürgen Weichlein als OB-Kandidat nominiert. Weichlein, ein Bamberger Elektronik-Unternehmer und Stadtrat, positioniert sich als bürgerlicher Außenseiter. Stärken: Er wirbt damit, pragmatisch und entscheidungsfreudig an die Rathausprobleme heranzugehen – laut Weichlein brauche es einen OB, „der mit Tatkraft, offener Diskussionskultur und klaren Entscheidungen vorangeht“. Als lokal verwurzelter Unternehmer könnte er Stimmen aus dem Mittelstand und von unzufriedenen Konservativen gewinnen, die sich von den großen Parteien nicht vertreten fühlen. Schwächen: Die Gruppierung Bambergs Mitte ist klein; Weichlein muss gegen bekanntere Parteipolitiker antreten. Sein Wählerpotenzial überschneidet sich zudem mit dem der CSU und der freien Wählergruppierungen, was seine Chancen auf mehr als einen Achtungserfolg schmälert.
„Bambergs Unabhängige Bürger“ (BuB) – Konservativer Bürgerblock auf Gegenkurs: Die Wählergruppe BuB, im aktuellen Stadtrat mit drei Sitzen vertreten, kann sich ebenfalls eine eigene OB-Kandidatin oder einen Kandidaten vorstellen.
Als mögliche Namen gelten die BuB-Vorsitzende Daniela Reinfelder (ehemals CSU), Karin Einwag (ehemals Grüne) oder Stadtrat Klaus Stieringer (ehemals SPD). Stärken: BuB versteht sich als bürgerlich-konservative Alternative zur rot-grünen Rathauskoalition und hat in lokalen Debatten mehrfach deutlich Flagge gezeigt.
So engagierte sich BuB vehement gegen die Schließung des Bamberger Schlachthofs, für die Schließung des Ankerzentrums und gegen Parkgebührenausweitungen der aktuellen Mehrheit. Ein BuB-Kandidat könnte all jene ansprechen, die mit der aktuellen Sicherheits-, Wirtschafts-, Verkehr-, Innenstadt- oder Bildungspolitik unter SPD/Grünen unzufrieden sind. Schwächen: Die Wählergruppe ist klein, ihr Kandidat hätte wenig organisatorischen Rückhalt. Inhaltlich überschneidet BuB viele Positionen mit der CSU – Humls Antritt könnte BuB Stimmen kosten oder umgekehrt.
Ohne große Parteimaschinerie dürfte es für den BuB-Bewerber schwer werden, stadtweit bekannt zu werden. Erfolg wäre schon, den Einfluss im Stadtrat auszubauen und eventuell als Zünglein an der Waage in eine Stichwahl-Empfehlung zu gehen.
FDP (Kandidat noch offen) – Liberale in Lauerstellung:Die FDP Bamberg hat angekündigt, einen eigenen OB-Kandidaten oder eine Kandidatin ins Rennen zu schicken. Namen kursieren noch nicht offiziell – der Bamberger FDP-Stadtrat Martin Pöhner wäre ein naheliegender Kandidat. Stärken: Die FDP will sich als „weder links noch rechts“ und wirtschaftsliberale Kraft positionieren und damit ein Alleinstellungsmerkmal im Kandidatenreigen haben. Ein bekannter OB-Kandidaten könnte liberale Stammwähler mobilisieren und der Partei Aufmerksamkeit verschaffen. Schwächen: Die FDP liegt in Bamberg auf kommunaler Ebene traditionell im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Ein unbekannter Kandidat hätte nur sehr geringe Siegchancen. Zudem droht der FDP der Spagat zwischen SPD und CSU: In der Vergangenheit unterstützten die Liberalen teils SPD-Kandidaten (wie Starke 2006 und 2012). Ein Solo-Antritt könnte Stimmen von beiden Lagern abziehen, aber im Stichwahlfall Einfluss ermöglichen – realistisches Ziel dürfte auch hier vor allem sein, im Stadtrat mit einem zweiten Sitz stärker vertreten zu sein.
Chancen und Ausblick
Angesichts dieses breiten Bewerberfeldes gilt als wahrscheinlich, dass keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erringt. Eine Stichwahl Ende März 2026 dürfte nötig sein – voraussichtlich zwischen den Top-Zwei aus CSU, Grünen und SPD, wobei sich auch ein AfD Kandidat Hoffnungen auf die Stichwahl machen könnte. Bislang ist nur sicher, dass Bamberg einen Wechsel an der Stadtspitze erleben wird: Nach zwei Jahrzehnten SPD-Amtsinhaber kämpfen nun sowohl die CSU mit einer bekannten Persönlichkeit als auch möglicherweise die Grünen mit einem populären Bewerber um den Sieg. Die SPD hofft, mit dem unverbrauchten Niedermaier im Rennen zu bleiben., während die AfD auf die wachsende Anzahl unzufriedener und konservativer Wähler setzt. Die CSU wittert mit Huml die größte Chance seit langem, das rot/grüne Bamberg „zu erobern“. Die Grünen wiederum könnten von interner SPD-Schwäche und ihrem Mobilisierungspotenzial in der jungen Stadt profitieren.
Entscheidend wird sein, welche Koalitionen und Empfehlungen vor der Stichwahl geschmiedet werden. Bleibt etwa die BuB und AfD in Runde eins chancenlos, könnten ihre Wähler in der Stichwahl der CSU den Ausschlag geben – oder aber den Urnengang meiden. Ebenso stellt sich die Frage, wie sich die Anhänger der kleineren Bewerber (Volt, BM, BBB, FDP) im zweiten Wahlgang entscheiden: Ihre Stimmen könnten in einem knappen Duell zum Zünglein an der Waage werden.
Fest steht: Der Wahlkampf wird 2025/26 in Bamberg so offen und spannend wie lange nicht. Alle Kandidaten – ob Parteifavoriten oder unabhängige Außenseiter – müssen sich nun den Bürgern präsentieren, Stärken betonen und Schwächen ehrlich eingestehen. Die Bamberger können aus einem vielfältigen Bewerberfeld wählen. Am Ende wird entscheidend sein, wem die Wähler zutrauen, Bamberg in die kommenden sechs Jahre zu führen, und welche Themen im Endspurt die Debatte dominieren.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Verkehrs-, Wirtschafts- und Innenstadtpolitik, bezahlbares Wohnen, der Zustand der Schulen und der Erhalt der Innenstadt Events, sowie Verwaltungsmodernisierung und Sicherheit zentrale Wahlkampfthemen sein werden – in all diesen Punkten unterscheiden sich die Kandidaten teils deutlich.
Die Karten sind neu gemischt: Bamberg blickt gespannt auf den Kommunalwahlkampf – und die Frage, wer am 1. Mai 2026 den Chefsessel im Rathaus am Maxplatz übernehmen wird. Eines ist sicher: Die OB-Wahl 2026 verspricht einen historischen Wahlabend, an dem Bamberg sich zwischen Kontinuität und Neuanfang entscheiden wird. Die politischen Weichenstellungen der nächsten Jahre hängen maßgeblich vom Ausgang dieses Wettbewerbs ab – entsprechend engagiert und gründlich werden alle Seiten bis zum März um jede Stimme kämpfen. Bamberg kann sich auf einen lebhaften demokratischen Wettstreit gefasst machen.
Das Alte Rathaus in Bamberg – Wahrzeichen der Stadt. Bei der Oberbürgermeisterwahl 2026 treten zahlreiche Bewerber an, um das Erbe von Amtsinhaber Andreas Starke anzutreten.
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